Seit Anfang Mai gibt es die Plattform Climate-Watch-Celle (CWC). Hier nehmen Expert*innen zu aktuellen Klimaschutzinitiativen im lokalen Raum Stellung. Wir haben der Initiative ein paar Fragen gestellt – und antworten bekommen.

??: Wieso braucht es CWC?

!!: Sowohl Stadtrat wie Kreistag haben Ende vergangenen Jahres Resolutionen zum Klimanotstand verabschiedet. Wenn das mehr sein soll als ein symbolisches Bekenntnis, müssen Taten folgen. Und in der Tat gab es gleich einige Anträge der Fraktionen in Kreistag und Stadtrat. Wir wollen das aus zivilgesellschaftlicher Perspektive unter die Lupe nehmen. Dabei geht es uns darum, die „parlamentarische“ und gesellschaftliche Diskussion durch Expertise zu bereichern.

??: Ihr meint, das ist nötig?

!!: Auf jeden Fall. Ohne den Kommunalpolitiker*innen und den Verwaltungen zu nahe zu treten: Klimaschutz war für die meisten eher ein Thema unter vielen. Jetzt, wo es an die praktische Umsetzung geht, wirken – auch ohne Berücksichtigung der Corona-Folgen – selbstverständlich die alten Trägheiten. Viele Initiativen wurden und werden mit „passiert doch schon längst“ abserviert. Was aber praktisch heißt, es passiert schon lange nichts mehr oder wenig. Oft heißt es auch „Wir haben kein Geld dafür“. Doch seltsamerweise schaffen andere arme Kommunen mehr, weil sie für Ziele wie Klimaschutz, Energie- oder Verkehrswende beharrlich über Jahre Fördergelder beantragen. Oft wird auch ein Nichtwollen als „geht nicht“ getarnt. Da wird es dann immer merkwürdig, wenn es andere Kommunen offensichtlich können.

??: Gibt es da Beispiele?

!!: Ja, zum Beispiel hat Berlin innerhalb von nur 14 Tagen dutzende neue, vom Autoverkehr sicher abgetrennte Fahrradwege angelegt. Was übrigens, kaum was kostet.

??: Was ist eure Kompetenz?

!!: Wir haben fachliche Expert*innen im Team und wir haben Leute dabei, die seit Jahren klimapolitisch aktiv sind. So können wir ohne parteipolitische Beschränkungen und ohne „Sachzwanglogik“ urteilen.

??: Wir hören ein gewissen Misstrauen heraus?

!!: Oh ja – bis heute haben ja weder Stadt- noch Kreisverwaltung dargelegt, wie sie formal mit den Klimanotstands-Beschlüssen umgehen wollen. Um mal eine Analogie zu bemühen: Seit der Installation von Gleichstellungsbeauftragten in den Verwaltungen findet sich auf jeder Beschlussvorlage nicht nur ein Vermerk zu den finanziellen Auswirkungen, sondern auch zu den Folgen hinsichtlich der Gleichstellungsziele. Nach den Klimanotstands-Beschlüssen wäre jetzt eine ähnliche Praxis angesagt, also eine Prüfung jedes einzelnen Beschlusses hinsichtlich der Folgen für den Treibhausgasausstoß.

??: Was soll eine solche formale Prüfung bringen?

!!: Ein kleines Beispiel: Vor einem Jahr besuchte eine Delegation aus Rat und Verwaltung die Partnerstadt Meudon bei Paris. Wie selbstverständlich sind sie geflogen, obwohl die Reise mit der Bahn möglich, fast genauso schnell und vor allem hinsichtlich des Treibhausgasausstosses weniger schädlich gewesen wäre. Rein formal bräuchte es dafür jetzt schon eine sehr gute Begründung. Aber zur Abwägung müsste die Verwaltung eben vor der Entscheidung die Konsequenzen transparent machen.

??: Dass gebremst wird, zeigt eure Stellungnahme zur Frage E-Bus oder Diesel-Bus. Was meint ihr an diesem Beispiel, können eure Interventionen bewirken?

!!: Gutes Beispiel. In der Ausschusssitzung wurden die Kreistagsabgeordneten mit einem Vortrag von CeBus-Chef Koschik abgefertigt. Jetzt gibt es gerade noch einen in ähnliche Richtung gehenden Antrag der SPD-Fraktion. Hier hoffen wir, dass die politische Ebene auf Grundlage unserer Stellungnahme jetzt die Kenntnis hat, sich nicht mehr mit halbgaren Argumenten abspeisen zu lassen.

??: Die Abgeordneten bekommen die Stellungnahme direkt von Euch?

!!: Ja. Eine Serviceleistung unsererseits. Daneben haben wir eine Website (www.climate-watch-celle.de) und bieten darüber einen Newsletter an. Und ihr bekommt die Stellungnahmen selbstverständlich auch.