Klimaschutz bisher kaum mehr als innerbetriebliche Nachhaltigkeitsstrategie
Zur Kreistagssitzung Anfang September legte die Verwaltung eine Zusammenstellung „der bereits umgesetzten und derzeit geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels“ vor.
Wäre der Landkreis Celle ein mittelständischer Immobilienverwalter, der einen Nachhaltigkeitsbericht erstellt hat, hätte er sich ein wohlwollendes Lob verdient. Aber können sich Aktivitäten wirklich darauf beschränken?
Klimaschutz als Nabelschau
In der Nabelschau wird so z.B. berichtet, dass durch die Digitalisierung „eine erhebliche Einsparung beim Papier- und Druckmaterialverbrauch erzielt“ worden sei. Der Fuhrpark sei um zwei VW e-up! mit 260 km Reichweite „erweitert“ (?) worden. Und weiter in Sachen Mobilität: „Derzeit stehen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung insgesamt 13 Fahrräder sowie ein Lasten E-Bike, verteilt auf das Kreisgelände und Außenstellen, zur Verfügung.“
Lang ist die Liste zur „energetische Verbesserung“ der eigenen Liegenschaften. „Dazu setzt er möglichst verschiedene Fördermittel ein, wie z. B. solche der Klimaschutzinitiative oder der Kommunalen Klimaschutzgesellschaft Landkreis Celle (KKC).“ Letzteres ist im Unterschied zum Klimaschutzfond der Stadt Celle einerseits nicht für Bürger*innen offen und zweitens ein ziemlich geheimer Topf – es bedarf großen Aufwands zu recherchieren, was wann mit welchen Mitteln gefördert wurde.
Das Positive: Bei den Schulen wird vielfach auf Blockheizkraftwerke gesetzt und die Umstellung auf LED-Technik wird als Standard vorangetrieben. Bilanz: „Durch die Nutzung und den Ausbau von Blockheizkraftwerken und Photovoltaikanlagen wird eine nachhaltige Form der Energieerzeugung in den Liegenschaften eingesetzt, die zu einer Verbesserung der Klimabilanz des Landkreises Celle beiträgt. Der Landkreis Celle betreibt derzeit, vorwiegend in Schulen, 3 Photovoltaikanlagen und 14 Blockheizkraftwerke.“
Und ja – es wird auch gemacht, was in den engeren Zuständigkeitsbereich fällt, also z.B. Ausweisung von Vorranggebiete zur Nutzung von Windenergie, Bau von Radwegen, Landschafts- und Naturschutz durch z.B. Sicherung von NATURA Gebieten oder Ausweisung von FFH-Gebieten.
Herausforderungen annehmen
Eine Bemerkung vorab: Kreisverwaltungen haben als übergeordnete Ebene andere Aufgaben und Zugriffe als z.B. eine (kreisangehörige) Stadt wie Celle. Sie sind weniger direkt an den Menschen dran, aber gleichzeitig für wichtige Strukturen wie ÖPNV oder den Ausbau der Erneuerbaren zuständig. Der Deutsche Landkreistag hat das in seinem Papier „Klimaschutz und erneuerbare Energien in den Landkreisen“ am 7./8.1.2020 beschrieben, wenn auch wenig ambitioniert und unterer besonderer Fokussierung auf die „Lasten“. Letzteres geht vielleicht auf den Einfluss von Landrat Klaus Wiswe zurück, der als Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) Mitglied in der fünfköpfigen Arbeitsgruppe war, die dieses Papier erstellt hat. Trotzdem: Will sich der Landkreis Celle an dieser Vorgabe orientieren, muss er öffentlich wahrnehmbar zusätzliche Arbeitsfelder etablieren. Anders ausgedrückt:
Klimaschutz muss für die Celler Kreisverwaltung mehr werden als eine betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeitsstrategie. Wahrscheinlich müssen wir dafür aber bis nächsten September warten, wenn ein neuer Landrat gewählt wird.
Quelle: revista. linke zeitung für politik und kultur in celle; 21. Jg., H 102, Nov./Dez. 2020, S. 9.