Photovoltaik statt BHKW

„Um die Klimaziele zu erreichen“, stellt die CDU Fraktion im Kreistag am 10.03.2020 den Antrag, „Kreismittel in konkrete Maßnahmen, nicht aber in Pläne zu investieren“. Vorschlag: Ausweitung der Erzeugung von Strom und Wärme durch Wind und insbesondere Sonnenenergie auf land­kreiseigenen Gebäuden und denen der Verbundunternehmen, aber z.B. auch auf „verfüllten Müll­deponien“. Auch fordert die CDU Auskunft über den Stand bisheriger Installationen von Photo­voltaikanlagen. Soweit mit den Mülldeponien nicht die über 30 nach wie vor unüberprüften Erdöl-Bohrschlammgruben im Landkreis gemeint sind, ist dies ein Antrag, der sicher den Beifall aller vernünftigen Bürger*innen findet.

Bislang wurden vom LK Celle vor allem CO2-emittierende BHKWs zugebaut

Die Antwort in der Vorlage der Verwaltung im Ausschuss Gebäudewirtschaft und im Kreisaus­schuss im Nov. und Dez. 2020 ist ziemlich ernüchternd: Bislang wurden vom Landkreis Celle ganze fünf Photovoltaik-Anlage gebaut (siehe Kasten unten).

Mit der Ausrede, mehr sei unwirtschaftlich gewesen. Was ja bedeutet, dass die „Spezialisten“ in der LK-Verwaltung hunderte von Bürger*innen, die sich im selben Zeitraum PV-Anlagen aufs Dach gesetzt haben, für verrückt erklären. Stattdessen hat der Landkreis seit 2014 als „wirtschaftlichere“ Lösung lieber 13 Blockheizkraftwerke (BHKW, Kombination von Stromerzeugung und Wärme) gebaut. Mit diesen Erdgas betriebenen BHKW machte der LK nicht nur dem mit ihm finanziell verbandelten Erdgas-Lieferanten SVO eine Freude, sondern konnte dafür auch noch staatliche Förderungen abgreifen.

Was die Wirtschaft­lichkeit betrifft, ist die Aussage der Verwaltung wohl richtig, was den Beitrag zum Klimaschutz betrifft allerdings fragwürdig. Verglichen mit einer herkömmlichen Erdgasheizung verbraucht nämlich das BHKW für den Heizungszweck genau soviel Erdgas und emittiert auch genauso viel CO2. Der Beitrag zur CO2-Minderung ist also diesbezüglich Null. Da aber die Heizungswärme beim BHKW als Abfallprodukt der Stromerzeugung anfällt, emittieren sie bezogen auf die Stromerzeugung weniger CO2 als z.B. Kohlekraftwerke, deshalb war ihre Förderung und Installation bis ca. 2015 auch durchaus sinnvoll. Doch nach 2015 zugebaute BHKWs werden 15 bis 20 Jahre CO2 emittieren, also zu einem Zeitpunkt, wo es längst nicht mehr um CO2-Minder­ung sondern um CO2-Vermeidung geht. (Dass die Förderung von BHKWs weiter besteht, ist Ergebnis der Erdgas-Lobby, die das auch stolz selbst verkündet). Deshalb hätte der LK statt BHKWs besser Wärmepumpen installiert, die bei Betrieb zunehmend mit Strom aus Wind und Photovoltaik letztlich gar kein CO2 mehr emittieren. Übrigens gab und gibt es auch für Wärme­pumpen staatliche Subventionen (aktuell bis zu 50%). Aber wahrscheinlich tat sich die Verwaltung bei Beantragung von Zuschüssen für BHKWs leichter, zumal sie bislang keine*n kompetenten Klimaschutzbeauftragte*n besitzt. Und so fallen die Entscheidungen im LK bislang eben nicht nach Klimaschutzkriterien sondern nach vordergründigen Wirtschaftlichkeitskriterien. Andererseits braucht man auch für Wärmepumpen Strom und damit sind wir wieder beim bislangvernachlässigten Zubau von Photovoltaik.

Für PV-Anlagen kommt jetzt von der Verwaltung ein stark gebremstes Ja

Die Verwaltung meint: „Neuere Erkenntnisse nach 2014 zeigen, dass aufgrund des Preisverfalls von Solarmodulen bei einer Eigennutzung des produzierten Stroms inzwischen wieder wirtschaft­liche Vorteile der Solarthermie bestehen. Aus diesem Grund sind im Haushalt 2021 auch 250.000 € für die Errichtung von Photovoltaikanlagen vorgesehen.“ Bis auf die Aussage „neuere Erkenn­tnisse“ stimmt die Aussage. Dass 250.000 Euro eingestellt wurden, klingt gut, ist aber gemessen an den ca. 15 Anlagen á 10 kW, die damit möglich sind, eher bescheiden. Und was die Kreistagsmit­glieder eher abschrecken könnte, sind die von der Verwaltung vorgelegten Wirtschaftlichkeits­berechnungen. Je nach Anteil der Einspeisung ins Stromnetz und Eigenverbrauch des Solar­stroms, liegen die von der Verwaltung errechneten Amortisationszeiten zwischen 59 Jahren (20 % Eigennutzung) und 14 Jahren (60 % Eigennutzung). Errechnet wurde das von zwei extern beauf­tragten Agenturen, eine in Stadt und LK Celle gerne geübte Praxis, um den Aufbau eigener interner Kompetenz in der Verwaltung zu sparen. Es gibt zwar Dutzende von Firmenverbänden betriebene Solarrechner, die einem z.T. märchenhaft günstige Wirtschaftlichkeitsberechnungen machen, und bei konkretem Angebot einer Firma kostet dann Alles das Doppelte. Insofern war die LK Verwaltung tatsächlich auf externe Hilfe angewiesen. Aber diese Beratung geht auch kosten­los: Der PV-Rechner der Energie Agentur NRW – ein Tipp für jede*n Eigenheim-Besitzer*in – (https://www.energieagentur.nrw/tool/pv-rechner/) liefert Berechnungen aufgrund stets aktueller, firmenneutraler Durchschnittswerte. Wenn man da mal die vom LK Celle vorgegebenen Werte durchlässt, kommt man zu erheblich günstigeren Ergebnissen: Bei einer Eigenstromnutzung von nur 45% amortisiert PV im LK Celle bereits nach ca. 11 Jahren. Das drängt fast den Verdacht auf, dass die Verwaltung mit ihren relativ ungünstigen Berechnungen die PV-Euphorie des Kreistags etwas dämpfen wollte.

Verdoppelung des Etats und klare Zielvorgaben!

Also liebe Kreistagsmitglieder, stockt ruhig mal den Etat für Photovoltaik auf, und gebt der Verwaltung endlich mal klare Zielvorgaben, wie viele PV-Anlagen in den nächsten 3 Jahren tatsächlich zugebaut sein müssen!